Rund 50 Maschinentypen bilden das Portfolio des Mittelständlers. Es gilt als das umfassendste im Markt: Das Besondere dabei ist, dass die Maschinen stets maßgeschneidert an die jeweiligen „Stricker“ der Welt ausgeliefert werden. Das heißt im Klartext: Kombiniert mit den rund 10.000 Teilen, die Mayer & Cie. anbietet, baut es ca. 60 Millionen Maschinen-Varianten, die es zu beherrschen gilt. Eine immense Leistung, die höchste Innovationskraft erfordert – welche übrigens komplett aus eigenem Hause stammt.
Ob nun Shirts, Sportbekleidung, Auto-Himmel, der heimische Vorhang oder sogar der Bezug der Matratze – all dies kann von einer Mayer-Maschine gestrickt worden sein. Das Sympathische bei alldem: Trotz aller Superlative ist man bei Mayer & Cie. schwäbisch bodenständig, partnerschaftlich und stets offen für nachhaltigen Fortschritt.
Der Innovationsanspruch des Unternehmens läutete nun eine umfassende Digitalisierungsreise ein, die den Marktvorsprung von Mayer & Cie. auch in Zukunft sichern und ausbauen soll.
Effizienzsteigerung entlang der gesamten Wertschöpfungskette
Den Start der Digitalisierungsreise bei Mayer & Cie. prägte unter anderem die Entscheidung für eine konsequente PLM Philosophie mit einem digitalen „Faden“ entlang der gesamten Wertschöpfungskette eben „Design To Operate“.
Damit wollte das Unternehmen unter anderem den harten Medien- und Datenbruch angehen, der die Entwicklungs- von der Produktionswelt trennte: Das eigene PDM System der Entwicklung war weitgehend manuell mit dem SAP ERP System verbunden. Die vielfältigen Verflechtungen der Geschäftsprozesse in Entwicklung, Auftragssteuerung, Einkauf, Fertigung, Montage, Service, Qualitäts-Management etc., hingen aufgrund der „getrennten Welten“ buchstäblich am seidenen Faden.
Wie in vielen gewachsenen Unternehmenslandschaften machten die engagierten Mitarbeiter die Nachteile der IT-Landschaft durch ein hohes Engagement wett, aber zu welchem Preis? Daten-Redundanzen, Unsicherheiten in der Aktualität der Daten, erneutes Erzeugen von Daten in Folgeprozessen statt der konsequenten Anreicherung eines für alle Disziplinen verfügbaren Datenmodells, erschwerten auch bei Mayer & Cie. echte operationale Exzellenz. Ebenfalls historisch gewachsen war eine stark individuell angepasste SAP Landschaft, die nicht mehr Release-fähig und deshalb auf einen alten Stand festgefroren war.
Kurzum: Um die Komplexität der Varianten-Vielfalt in Kombination mit den zahlreichen Änderungs-Zyklen weiterhin wettbewerbsfähig zu beherrschen und damit zukunftsfähig zu bleiben, war ein Umdenken angesagt.
Die Basis dieses Umdenkens bildet das Big Picture, in dem Mayer & Cie. die wesentlichen Zielsetzungen, Herausforderungen, Handlungsfelder, Geschäftsprozesse und zentralen Applikationen auf einen Blick sichtbar macht. Das „Strickmuster“ wie der „Elefant der Digitalisierung in kleine Scheiben geschnitten werden soll“, wird im Big Picture und Phasenplan erkennbar, der die Leitplanken für die Digitalisierungsinitiativen bildet.
Die entsprechenden Bestandteile wurden in einen logischen Zusammenhang gebracht, daraus Aufgabenfelder definiert, die in jeweiliger zeitlicher Abfolge anzugehen waren und noch sind: „Wir haben uns Gedanken gemacht über unsere digitalen Prozesse und wie wir sie effizienter gestalten können“, erklärt Sebastian Mayer, Chief Digital Officer bei Mayer & Cie.
Um die Teilprojekte im Gesamtkontext bestmöglich umzusetzen, suchte Mayer & Cie. nach einer integrativen Lösung zur durchgängigen digitalen Unterstützung der komplexen Geschäftsprozesse.
Eine Hauptrolle spielt dabei die „Single Source of Truth“, die mittels zentraler Datenhaltung allen Prozessteilnehmern jederzeit eine vollständige und qualitativ hochwertige Informations- und Entscheidungsbasis bietet. Effizienzsteigerung entlang der gesamten (digitalen) Wertschöpfungskette – so das erklärte Ziel dahinter. Also der Kern eines nachhaltigen PLM.
Solides Prozess- und Datenfundament mit SAP PLM Foundation
Bei der Wahl eines optimalen Partners, der die definierten Aufgabenfelder mit entsprechenden digitalen Lösungen unterlegt, entschied sich Mayer & Cie. für das IT- und Software-Haus CENIT. Die Experten aus Stuttgart überzeugten durch einen ganzheitlichen Ansatz und das klare Verständnis um die Anforderungen und zentralen Prozesse des schwäbischen Maschinenbauers.
Bereits zum Start des gemeinsamen Projekts stand fest, dass die SAP Plattform als führendes System fungieren – und damit die Grundlage für die angestrebte digitale Daten- und Prozesskontinuität darstellen sollte. In weiser Voraussicht war das veraltete SAP-System zu diesem Zeitpunkt bereits auf den aktuellen Standard zurückgeführt worden.
Auf Basis der mittel- und langfristigen Geschäftsziele unterzogen Mayer & Cie. und CENIT die identifizierten Suchfelder einer gemeinsamen Bewertung, bei der zentrale Ziele und dafür notwendige Prozesse und Systemkomponenten fixiert wurden.
Zur Umsetzung entwickelte CENIT einen mehrstufigen Phasenplan, um die Prozesse und Use Cases systematisch anzugehen und dabei logisch in sich geschlossene Etappenziele zu formulieren. Das war entscheidend, um schnell in die nutzbringende Anwendung zu kommen und nicht in die Falle endloser Konzeptionsphasen ohne konkrete Umsetzung zu tappen.
„Design To Operate“ bezieht sich auf die gesamte Wertschöpfungskette eines Fertigungsunternehmens. Die Umsetzung dieser Philosophie ist ein mehrjähriges Verfahren. Die Kunst ist dabei, die einzelnen Etappen so zu schneiden, dass die Ergebnisse operativ verankert und somit nutzbringend eingesetzt werden können.
Ein gewinnbringender erster Schritt ist für viele Unternehmen die Integration des Engineering in das zentrale SAP System. Der Ursprung vieler Produktdaten wird dadurch zum integrativen Bestandteil der Unternehmensprozesse. Für diesen Einstieg haben wir mit der SAP PLM Foundation ein Best Practice Paket entwickelt, das auch bei Mayer & Cie. erfolgreich zum Einsatz kam.
In Kombination mit der zweiten wesentlichen Komponente, die sich auf die Lenkung von Freigabe- und Änderungsprozessen ausrichtet, erreichen wir eine effiziente, flexible und sichere Steuerung von Abläufen auf der Basis hochwertiger Daten“, beschreibt Horst Heckhorn, Senior Vice President SAP Solutions bei CENIT, das Handlungsfeld. „In der ersten Phase ging es also darum, den Medienbruch zwischen der Engineering- und ERP-Welt zu beseitigen und auf der neuen Datenbasis das Freigabe- und Änderungsmanagement digital bestmöglich zu unterstützen“, führt er weiter aus.
Um statt der bisher genutzten schmalen Brücke eine sichere Daten-Autobahn vom Engineering in die Produktion zu bauen, sah das definierte Vorgehen die Ablösung des Engineering PDM Systems vor. Damit war auch der Weg für die Umstellung der CAD Landschaft auf die aktuelle CATIA Version frei.
Mit dem SAP Engineering Control Center (ECTR) wurden die CATIA V5 Anwender auf einem schlanken und betriebsgünstigen Weg ins SAP integriert und finden dort in einer modernen Arbeitsumgebung alle für ihr Tagesgeschäft notwendigen Funktionen.
Die vorhandenen CAD/PDM Daten wurden mit den CENIT System Migration Services auf der Basis der CENIT ETL Runtime nach SAP migriert. Immer ein erfolgskritisches Thema in solchen Projekten und oft in der Komplexität unterschätzt.
Nicht so bei Mayer & Cie., deshalb wurden für das Thema System Migration klare KPIs vereinbart, zu denen sich CENIT verpflichtete. Als Resultat der Aktivitäten haben Mitarbeiter von Mayer & Cie. damit nun Zugriff auf aktuelle, logisch verknüpfte und systemübergreifend konsistente Stammdaten.
Der zweite wesentliche Meilenstein der ersten Digitalisierungs-Phase war die Einführung von cenitCONNECT APM (Advanced Process Management) zur Steuerung der Freigabe- und Änderungs-Prozesse bei Mayer & Cie.
„Im Unterschied zu reinen Workflow Lösungen unterstützt CONNECT APM die Bearbeitung der Datenobjekte im Prozess. Da unsere Lösung im Engineering-Umfeld geboren wurde, kann sie bestens mit dynamischen Workflows umgehen, wie sie im Entwicklungsumfeld täglich Brot sind“, erläutert Horst Heckhorn. „Das erlaubt uns ein zweistufiges Vorgehen, das in vielen Unternehmen hilfreich ist. In der ersten Phase bilden wir an vielen Stellen die vorhandenen Prozesse ab und kommen so zu schnellen Ergebnissen. Ab dem Moment der Produktivsetzung hinterlassen die Prozesse Spuren im System und das nutzen wir im CONNECT APM Monitoring&Reporting, um Prozessschwächen und damit Handlungsfelder zu identifizieren. In der zweiten Phase können wir gezielt in diese Handlungsfelder gehen und Prozessoptimierungen herbeiführen – wohlgemerkt durch konfigurative Anpassung von Prozess-Templates und nicht durch aufwändige Workflow-Programmierung.“ Genau so ist auch der weitere Ablauf bei Mayer & Cie. geplant.
An der Stelle ein kurzer Blick auf die zeitliche Schiene: Nach einem Start der Zusammenarbeit Anfang 2019, schlossen Mayer & Cie. und CENIT die erste Projekt-Phase Anfang 2020 ab. Gerade rechtzeitig vor Beginn der Corona-Pandemie. „Dieser Aspekt ist bedeutend, denn es ist tatsächlich so, wir durch die optimale Verfügbarkeit aller Daten und Informationen die Möglichkeit hatten, in der Entwicklung fast unbehelligt weiterzuarbeiten, obwohl die Leute vielfach im Homeoffice waren. Andernfalls hätten wir das Pandemie-Jahr nicht so erfolgreich und „sicher“ für unsere Mitarbeiter meistern können“, stellt Sebastian Mayer klar.
Im Verlauf des Jahres 2020 wurden die Prozesse und Abläufe in den neuen Systemkomponenten im operativen Geschäft bei Mayer & Cie. verankert. Die Erkenntnisse aus der Anwendung wurden zur Optimierung der Anwendungskonfigurationen genutzt. „Die tagtägliche Anwendung ermöglichte uns klare Anforderungen an den weiteren Ausbau des Monitoring und Reporting zu formulieren“, sagt Sebastian Mayer, der sich an dieser Stelle persönlich tief engagiert hat. „Dadurch, dass alle im SAP arbeiten und wesentliche Prozesse über CENIT Connect APM gesteuert und abgebildet werden, entsteht eine optimale Daten-Grundlage für ein umfassendes Monitoring und Reporting. Das hat Mayer & Cie. Transparenz ins Unternehmen gebracht“, erklärt er dazu.
In Time, in Budget, in Quality
Wie sehen nun die Ergebnisse der Digitalisierungs-Partnerschaft zwischen Mayer & Cie. und CENIT aus?
„In einer wirklichen Partnerschaft haben wir gemeinsam mit CENIT in der Phase 1 eine zukunftsfähige, integrierte und stabile System-Landschaft aus SAP ECTR, CATIA und CENIT Connect APM aufgebaut und eine Prozesstransparenz erreicht, die vorher undenkbar war“, berichtet Sebastian Mayer. „Wir sind stolz darauf, dass wir unser Etappenziel in Time, in Budget und in Quality erreicht haben. Dafür mussten sich beide Partner zur Decke strecken, denn natürlich benötigt man für solche Projekte immer die Engpass-Ressourcen, die sowieso schon ausgelastet sind. Uns war klar, dass wir nur erfolgreich sind, wenn die Geschäftsführung nicht nur hinter dem Projekt steht, sondern eine aktive Rolle im Projekt einnimmt. Das ist auch meine klare Empfehlung an andere Unternehmen, die sich auf die Digitalisierungsreise begeben. Wir haben unsere Hausaufgaben gemacht, jetzt wollen wir in den nächsten Phasen das große Potenzial der DESIGN TO OPERATE (D2O) Strategie für unsere Wertschöpfung heben“, stellt Sebastian Mayer fest.
Der D2O Mehrwert bei Mayer & Cie.
Welcher Mehrwert kann nun gemeint sein? Im Zentrum der Phase zwei steht das wohl komplexeste PLM Thema: Das integrierte Varianten- und Konfigurations-Management.
Für einen Hersteller hochvarianter Maschinen ist die integrierte Durchgängigkeit des Varianten-, Konfigurations-, Freigabe und Änderungs-Management gleichzeitig die größte Herausforderung und das größte Potenzial für Wettbewerbsvorteile. Wer es schafft, seinen Kunden ihre individuellen Wünsche zu erfüllen und dabei hocheffizient zu arbeiten, hat im Wettbewerb die Nase vorn.
Ganzheitlich betrachtet heißt das, von der CAD-Methodik bis zur Gestaltung der Serviceprozesse in einem durchgängigen Modell zu denken und zu handeln. „In den meisten Unternehmen bedeutet diese Herangehensweise einen echten Paradigmen-Wechsel. Sie erfordert oft völlig neue Denkweisen, grundsätzliche Haltungsänderungen, Prozess- und Organisationsumstellungen. Das alles ist undenkbar ohne den Buy-in der Geschäftsführung. Hier hat Mayer & Cie. beste Voraussetzungen, denn die Geschäftsführer und Inhaber des Familienunternehmens stehen nicht nur hinter der Strategie, sondern sind bereit, aktiv in den entsprechenden Projektgremien in kurzer Taktung mitzuarbeiten und die wesentlichen Punkte zu entscheiden. Das ist für uns die bestmögliche Ausgangssituation für ein erfolgreiches Projekt“, so Heckhorn weiter.
Damit eng verbunden sehen die beiden Digitalisierungspartner einen weiteren, ganz zentralen Ansatzpunkt: die grundsätzliche Philosophie, wie ein Unternehmen mit Änderungen umgehen kann. Jede Änderung ist zunächst eine Störung des betrieblichen Ablaufs. Damit rücken die Fragen „Was erreichen wir mit dieser Änderung?“ und „Wann sollten wir diese Änderung durchführen?“ in den Mittelpunkt.
„Auch bei Mayer & Cie. wird die Zusammenfassung von Änderungen in Änderungspaketen und deren optimale Einbindung in die Fertigung voraussichtlich einer der wesentlichen Schlüssel sein, um die betrieblichen Durchläufe bei Änderungen schlanker, sicherer und kostengünstiger zu gestalten“, urteilt Horst Heckhorn. Da schlummere ein Riesenpotenzial – so die Erwartungshaltung der beiden Unternehmen.
Mit den Potenzialen, die man heben will, stellt sich die Frage nach den zukünftigen Wettbewerbsvorteilen für Mayer & Cie. „Es ist eigentlich recht einfach: Wir wollen auch in Zukunft genau das fortführen, was bisher unser Erfolgsgeheimnis war: Jedem Kunden die Maschine zu liefern, die er will“, führt Sebastian Mayer an. Diese Varianten-Vielfalt – und das ist das Entscheidende – will man aber effizienter, innovativer und überlegener anbieten, auch wenn das Geschäft weiter skaliert. „Das hätten wir sonst nicht durchhalten können“, erklärt der Leiter der Unternehmensentwicklung.
Richtig verstandene und operativ umgesetzte Digitalisierung von Wertschöpfungsprozessen ist also die Basis für nachhaltige Wettbewerbsfähigkeit. Digitalisierung bringt zweifellos prozessuale und organisatorische Umwälzungen mit sich und erfordert die Bereitschaft zum Um- und Neu-Denken. Deshalb ist Digitalisierung auch Chefsache und erfordert statt Kunden-Lieferantenbeziehungen echte vertrauensvolle Partnerschaften. „Wir haben in CENIT unseren Digitalisierungspartner gefunden“, bestätigt Sebastian Mayer, „und wir einen Kunden, mit dem es dem ganzen Team jeden Tag Spaß macht, an der Umsetzung des Big Picture zu arbeiten“, fügt Horst Heckhorn hinzu.