Ein Beispiel wäre ein Business Case, das ich auch privat gerne beobachte: Ein volldigitaler Versicherungsdienstleister, der bereits aktiv am Markt ist. Und wenn man bedenkt, welche Teilprozesse hier schon vollautomatisiert möglich sind, ist das definitiv beeindruckend. Da ist sicher eine der Zielrichtungen, in die sich zahlreiche Unternehmen entwickeln werden. Eine Entwicklung, die auch wir aufnehmen werden. Denn ich glaube, dass das tatsächlich auch eine der Antworten auf die Herausforderungen der heutigen Zeit ist.
Die aktuellen Diskussionen in Wirtschaft und Gesellschaft drehen sich oft darum, wie wir in Europa und Deutschland im Bereich KI erfolgreich sein können – ohne uns von den aktuellen Vorreitern, wie den USA, abhängen zu lassen. Sind wir in Deutschland noch zu wenig innovativ, was KI angeht?
René: Ich sehe das differenzierter. Es gibt im gesamten Bundesgebiet viele Initiativen und starke KI-Kompetenzzentren, die hervorragende Arbeit leisten. Beispiele sind große Einheiten wie das Deutsche Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz in Kaiserslautern oder das Munich Center for Machine Learning. Aber auch Kleinere, wie die Kompetenzplattform KI.NRW, die sich intensiv mit Machine Learning und Textanalyse beschäftigt. Diese Think Tanks sind oft eng mit Universitäten und Forschungseinrichtungen vernetzt und leisten einen wichtigen Beitrag zur Weiterentwicklung der KI-Technologie in Deutschland, und zwar in sämtlichen relevanten Wirtschaftszweigen.
Wenn man den Blick von den Forschungseinrichtungen hin zu KI-Unternehmen und Start-ups lenkt: Was sind die größten Herausforderungen, die eine noch zügigere Entwicklung der KI in Deutschland hemmen?
René: Eine der größten Herausforderungen ist die noch lahmende Förderkultur. In den USA finden Startups schnell Investoren, während man in Deutschland oft lange pitchen muss. Teilweise fehlt es an Erfolgsbeispielen, die Investoren ermutigen könnten. Wir müssen das Mindset ändern und mehr in Innovationen investieren. Zulegen könnten wir auch im Bereich Skalierungsförderung: Startups brauchen nach den ersten Erfolgen weitere Finanzierungsrunden, um wirklich groß zu werden. Hier fehlt es oft an Unterstützung.
Zweifellos, es gibt Förderprogramme. Aber die Summen sind oft nicht ausreichend, um wirklich große Schritte zu erlauben. In den USA ist die Kultur eine andere: Dort wird viel mehr in die Breite investiert, auch wenn das Risiko hoch ist. Diese Risikobereitschaft fehlt in Deutschland oft.
Wie bewerten Sie den AI Act der EU, der im August Kraft trat und das Thema Künstliche Intelligenz für Unternehmen reguliert, aber auch komplexer macht?
René: Der AI Act zielt darauf ab, die Bevölkerung vor unkontrollierter KI zu schützen. Es geht nicht primär darum, Innovationen zu fördern, sondern sicherzustellen, dass KI-Systeme transparent und ethisch korrekt arbeiten und auch verantwortungsvoll eingesetzt werden. Das ist wichtig, um Vertrauen in KI zu schaffen und Missbrauch zu verhindern, insbesondere, wenn es um Hochrisikoanwendungen geht, die tief in das Leben der Menschen eingreifen können.
Ein Beispiel ist die Kreditvergabe: Wenn eine KI entscheidet, ob jemand einen Kredit bekommt, muss nachvollziehbar sein, auf welcher Grundlage diese Entscheidung getroffen wurde. Das ist oft schwierig, weil KI-Modelle komplex und nicht immer transparent sind. Der AI Act versucht, hier klare Regeln zu schaffen, um solche Entscheidungen nachvollziehbar und fair zu machen.