Nachhaltige Digitalisierung - ein weiter Weg?

Nachhaltige Digitalisierung, Cloud und KI - CENITs Management im Gespräch

Veröffentlicht 05.08.2024 | Aktualisiert 09.08.2024

80 Prozent der Unternehmen in Deutschland sehen in der Digitalisierung eine Chance für mehr Nachhaltigkeit. Das ist das Ergebnis einer repräsentativen Bitkom-Befragung. Jedes zweite Unternehmen sieht in der Digitalisierung eine Möglichkeit für neue, klimaschonende Geschäftsmodelle. Die Zahlen versprechen ideale Bedingungen für ein Unternehmen wie CENIT, das die nachhaltige Digitalisierung vorantreiben will.

Passend dazu erklärte CENITs CEO, Peter Schneck, bereits vor einer Weile, eines der wichtigen Ziele der CENIT sei es, diese digitale Nachhaltigkeit in der Gesamtheit der Lösungen und Produkte der CENIT entsprechend abzubilden.

Fünf Personen aus dem Leadershipteam der CENIT im Gespräch gemeinsam an einem Konferenztisch.

Nun interessiert es, wie weit die CENIT mit diesem Vorsatz ist?


Horst Heckhorn: Meiner Meinung nach sollten wir einen Schritt früher ansetzen und mehr als nur die Verbindung von Daten betrachten: Will man eine Nachhaltige Digitalisierung erreichen, gilt es für Unternehmenslenker neben dem Thema Profitabilität zwei weitere Kernziele im Unternehmen zu verfolgen: Widerstandsfähigkeit und Nachhaltigkeit. Das sind drei Ziele, die ein Unternehmen heute in eine Balance kriegen muss. Was hier für Unternehmen wichtig ist, ist auszuloten, wo Profitabilität, Widerstandsfähigkeit und Nachhaltigkeit sich gegenseitig bedingen.

Und wenn wir jetzt überlegen, was wir dazu beitragen können, dann ist es genau das klassische Kerngeschäft, in dem wir aktiv sind – nämlich diese Durchgängigkeit von Daten und Prozessen etablieren.

Warum klappt das heute in vielen Unternehmen noch nicht? Weil beispielsweise die Daten aus der Entwicklung und dem Engineering ihrer Produkte in einem System sind, die betriebswirtschaftlichen Daten in einem anderen. Unser Ziel – und auch unsere Expertise – besteht genau darin, diese beiden Plattformen und Systeme so zusammenbringen, dass die miteinander einen Datenpool bilden. So bringen wir Unternehmen in die Lage, Dinge zu tun, die alle drei Unternehmensziele bedienen. Deswegen behaupte ich, wir sind da schon seit Jahren dabei, etwas sehr Wesentliches zu tun, was auf alle drei Unternehmenskonten einzahlt.

André Vogt: Auch im Enterprise Information Management Bereich ging es schon immer darum, Daten und Informationen an die richtige Stelle im Wertschöpfungszyklus zu bringen. Das ist nach wie vor unsere Kernaufgabe, die sowohl im Bereich Analytics wie auch im Umfeld Dokumentenlogistik stattfindet. Neu ist das Potenzial, durch Technologien wie Künstliche Intelligenz Daten aus der Analytics-Welt mit der Dokumentenlogistik-Welt zu vernetzen – um Unternehmen Chancen zu eröffnen, ihre Ressourcen noch besser zu nutzen.

Martin Grunau: Im Bereich der Digitalisierung sind wir bereits seit 35 Jahren tätig und konzentrieren uns auf die Integration von Prozessen, Systemen und Datensilos. Unser Ziel war es stets, Innovationskraft mit Hilfe von 3D in den Mittelpunkt zu stellen. Die Transformation von Handzeichnung hin zum drei-dimensionalen digitalen Konstruieren hat Unternehmen geholfen widerstandsfähiger ihre Ideen zu verwirklichen. Das ist eine Form von Nachhaltigkeit. Heute stellt sich die Frage mehr denn je welche Rolle CENIT ganz speziell zum Thema Nachhaltigkeit spielen soll. Ich bin der Überzeugung, dass unser Hauptaugenmerk auf den klimaschonenden Aspekten liegen muss: zum Beispiel die Optimierung von Produktionsprozessen oder der Reduktion der Verwendung von toxischen Materialien in Produkten. Dadurch helfen wir unseren Kunden nicht nur effizienter zu werden, sondern auch nachhaltigere Praktiken zu adoptieren.

Jens Fetzer: Die Optimierung von Prozessen ist ein wichtiger Punkt: Wenn wir beispielsweise durch offline-Programmierung Anlagen effizienter auslasten, sorgen wir auch für eine nachhaltigere Produktion, weil wir weniger Energie nutzen, weniger Material benötigen und die Energie für den eigentlichen Produktionsprozess – und nicht fürs Ausprobieren – nutzen. Dieses Ergebnis ist die Ergänzung des eigentlichen Unternehmenszwecks: Prozesse optimieren, schneller und besser gestalten, Zykluszeiten sparen. Erstaunlicherweise ist es so, dass die Unternehmen, die einen Fokus darauf legen, automatisch effizienter und nachhaltiger in den Abläufen sind.

Horst Heckhorn: In den allermeisten Unternehmen ist unendlich viel Potenzial, das nur deshalb nicht gehoben wird, weil ihnen heute noch die technologischen und prozessualen Unterstützungsmöglichkeiten fehlen, die Konsequenzen ihres Handelns abschätzen zu können – oder Alternativen anzuwenden, die ihnen konkrete Lösungen bringen.

Martin Grunau: Wir haben allerdings bereits Kunden, die unsere Fähigkeiten in dieser Hinsicht angefragt haben. In unserem kürzlich veröffentlichten Whitepaper haben wir deutlich gemacht, wie einige Kunden ihre Prozesse zum Thema Nachhaltigkeit verändert haben. Es gibt klare Beispiele dafür. Allerdings sind diese Beispiele häufig sehr punktuell und noch nicht ganzheitlich genug. Ich glaube, was wir heute tun und was Kunden gewillt sind zu sagen, ist: wir haben Teiloptimierungen vorgenommen. Die Herausforderung liegt aber in der Gesamtheit des Prozesses. Ein End-to-End-Nachhaltigkeitsprojekt kenne ich heute in der Tat nicht bei CENIT.

Horst Heckhorn: Ein digitaler End-to-End-Nachhaltigkeits-Prozess, können wir das? Sorry, das kann wahrscheinlich noch keiner. Was wir aber sicher können: Wir können an konkreten Stellen konkrete Lösungen liefern, die konkrete Ergebnisse bringen. Also Beispiele, bei denen man sagen kann, da werden weniger Prototypen gebaut, und so weiter. Das können wir leisten. Und ich denke, es macht uns viel glaubwürdiger, wenn wir solche konkreten Szenarien aufzeigen mit konkreten Ergebnissen, die man erzielen kann.

Jens Fetzer: Das stimmt. Diese konkreten Stellen, können wir als CENIT – mitsamt ihrer Töchter – allerdings bereits jetzt disziplinübergreifend weiter denken.Ein Beispiel: Gemeinsam mit unseren Kollegen von PI Informatik arbeiten wir aktuell an einem Projekt bei einem Automobilhersteller, im Rahmen dessen wir mit einem sogenannten Onsite-Editor den Kunden in die Lage versetzen, laufende Produktionsprogramme nachzueditieren, zu korrigieren und wieder einzuspielen – ohne die Produktion zu unterbrechen. Das bilden wir komplett digital ab. Und wenn man solche Aspekte beispielsweise durch Data Analytics oder KI früher erkennen kann, wird der Anwender noch gezielter und frühzeitiger auf die Problemlösung hingewiesen. In diesem gemeinsamen Ansatz sehe ich schon Potenziale, um Prozesse bei Unternehmen durchgängiger, verzahnter und nachhaltiger zu gestalten.

Die CENIT ist also in diesem Ansatz und dem Umsetzen nicht limitiert. Wo seht ihr aber konkretes Entwicklungspotenzial?


Martin Grunau: Wir haben heute gemeinsame Lösungsansätze, aber auch einzelne in unseren jeweiligen Geschäftsfeldern. Nehmen wir die Business Unit „Digitale Fabrik“ mit ihren Lösungen rund um Automatisierung und Offline-Programmierung von Robotern, wo eine Menge Optimierungspotenzial für Unternehmen gehoben wird. Gleiches gilt für Lösungen unserer Enterprise Information Management (EIM)-Kolleg*innen mit der Digitalisierung auf dem Feld Dokumentenmanagement und Analytics. Wir finden viele Beispiele in jedem Feld. Die Aufgabe wäre, diese im ersten Schritt besser sichtbar zu machen. Im zweiten Schritt müssen wir diese Lösungsansätze intern besser vernetzen und auch nach außen transportieren. Deshalb müssen wir mit ganz konkreten Themen anfangen und den Bogen immer breiter spannen.

Markus Schwarze: Das Zusammenbringen ist entscheidend: es wird alles komplexer, weil digital Vieles miteinander vernetzt wird. Das ist eine Teamarbeit über die Grenzen eines reinen Product Lifecycle Managements (PLM) oder eines ERP oder reiner Fertigungstechnologien hinweg. Und das ist auch etwas, was wir als CENIT bieten: Diese Art von Service, wo Teams über diese Grenzen hinweg agieren und auch ein Verständnis aufbauen. Es geht, darum zu eruieren, wie entsprechende Datenflüsse zwischen den verschiedenen Systemen sind. Damit kann das, was vorab implementiert wurde, zuverlässig laufen und betrieben werden. Denn die Abhängigkeiten, die nehmen zu: Wenn große Systeme, wie wir sie ja aufbauen, nicht mehr funktionieren – hängt's. Daher ist es wichtig, dass wir als Team und als CENIT entsprechend dann die Serviceleistungen erbringen, das zu vermeiden.

Horst Heckhorn: Das ist ein wichtiger Punkt, den man an einem Beispiel genau sehen kann: Bei Jaguar Land Rover (JLR) bringen wir in einem Projekt die 3DEXPERIENCE und die SAP Plattform zusammen. Zwischen dem, was in einer Produktstruktur für das Auto in der 3DEXPERIENCE / Delmia Plattform aufgebaut ist und dem, was nachher in der SAP Plattform in Bezug auf das ganze Unternehmen – die Logistik, die Beschaffung, die Produktion – passiert, müssen heute viele Menschen eine Übersetzung von dem einen ins andere machen. Diese manuelle Übersetzung automatisieren wir durch eine tiefe Prozess- und Datenintegration von 3DEXPERIENCE und SAP S/4. Um die Datenqualität zu gewährleisten, die bei einer solchen Automatisierung absolut notwendig ist, haben wir auf beiden Seiten Prüfroutinen implementiert, die die Voraussetzungen für die Übersetzung der semantisch unterschiedlichen Datenmodelle der beiden Plattformen schaffen. Klingt komplex und ist es auch. Was wir damit erreichen, ist die automatische Übertragung der vollständigen Fahrzeugstruktur mit allen Varianten und Konfigurationen, auch im täglichen Änderungsprozess. Wie diese digitale Automatisierung zur Reduzierung von Durchlaufzeit und Kosten beiträgt, was die Vermeidung von überflüssigen Iterationen, Fehlteilsuchen, fehlerhaften Prototypen etc. für die Resilienz und Nachhaltigkeit bedeutet, kann man sich leicht vorstellen.

Warum ist es uns trotz aller Prozesskomplexität und technologischen Hürden gelungen, zum Erfolg zu kommen? Weil wir mit JLR, SAP und Dassault Systèmes ein Team formen konnten, das sich unermüdlich und unbeirrbar Tag für Tag gemeinsam durch die wirklich großen Herausforderungen gearbeitet hat. Und das sollten wir meiner Meinung nach nie vergessen: Trotz der Verfügbarkeit von großartigen Technologien werden Digitalisierungsprojekte ohne die Begeisterung der beteiligten Menschen für die Verbesserung von Prozessen nicht den erwarteten Erfolg bringen.

Die CENIT will für Kunden der Trusted Advisor sein. Kann die CENIT ihre Kunden in Bezug auf die vorhin angesprochene Nachhaltigkeit vollumfänglich beraten – also nicht nur in Bezug auf die Technologie oder den ROI, sondern auch umfassend in Bezug den Nachhaltigkeitsaspekt in den Prozessen?


André Vogt: Das müssen wir können, weil uns einige Kunden bereits danach fragen. Allerdings lernen wir hier noch. Und zugegeben, zumeist geht es noch um Aspekte, die für ESG-Reports unserer Kunden wichtig sind. Wir erleben, dass das Thema Nachhaltigkeit aus einer echten Nutzenperspektive noch nicht sehr hoch priorisiert ist. Zumeist geht es um Aspekte wie Automatisierung, Reduzierung von Schnittstellen, Kosteneffizienz.

Martin Grunau: Unser Kundendialog reduziert sich aktuell in der Regel auf die Unterstützung des Einhaltens von Gesetzgebung und Regularien zum Thema Nachhaltigkeit. Ich glaube, die Kunden selbst lernen genauso wie wir in dieser heutigen Diskussion und stellen sich Fragen, wie: Was leisten wir denn wirklich zu diesem Thema Nachhaltigkeit? Wie können wir belegen, dass wir nachhaltiger sind?

Jeder weiß, dass man handeln muss – nicht nur die Politik, sondern jedes Unternehmen, jeder Einzelne – aber der Start ist schwierig. Zudem ist der Reifegrad in Bezug auf Nachhaltigkeit bei allen unterschiedlich.

Deshalb bin ich der festen Überzeugung, dass das Thema der Regulatorien ein ganz wesentlicher Katalysator sein wird. Denn Regulatorien verändern Verhaltensmuster – weil wir müssen: Ich lege mir heute im Auto den Gurt an, weil ich das irgendwann gemusst habe. Heute bin ich überzeugt, dass es wichtig ist. Und so kann man nachher hoffen, dass aus der Gesetzgebung langfristig eine intrinsische Verhaltensänderung stattfindet.

Horst Heckhorn: Also, ich mag diese "wir-pressen-die-Leute-in-die-Zwangsjacke“-Ansätze nicht so gerne, denn es wird immer Möglichkeiten geben, um der Zwangsjacke zu entfliehen. Bestes Beispiel: CO2 Zertifikate. Wir brauchen einfach viele Menschen, die verstehen, dass es notwendig ist, etwas zu tun. Und die das in dem Rahmen tun, in dem sie selbst tätig sind – und zwar nicht nur als Privatperson, sondern auch beruflich. Dann werden wir Veränderungen generieren können. Diese regulatorischen Dinge, da geht es ja immer darum, etwas nicht mehr tun zu dürfen. Aber es gibt beliebig viele Bereiche, in denen man nicht verzichten muss. Da muss man nur die richtigen Dinge tun, die Ergebnisse messen und sein Handeln anpassen. Wie viel Material habe ich verbraucht, wie viel Strom, wie viel CO2 habe ich generiert? Was es so schwierig macht, loszulegen, ist dass diese ganze Diskussion immer eine Verzichtsdebatte ist.

Jens Fetzer: Was mir bisher in der Diskussion fehlt: Nachhaltigkeit hat die ökologische Komponente und auch die wirtschaftliche. Es gibt aber auch noch die menschliche Komponente. Wir stimmen sicher alle zu, dass zum Thema Nachhaltigkeit der Aspekt „attraktives, gesundes Arbeitsumfeld“ gehört. Hier können wir als CENIT beispielsweise im Fertigungsbereich einen Beitrag leisten, indem wir mit Lösungen wie Offline-Programmierung gefährliche, schmutzige und belastende Arbeitstätigkeiten von den Anlagen digital in ein Büro „verlagern“. Damit tragen wir bei, ein angenehmeres Arbeitsumfeld zu schaffen, Fachkräfte weiter zu entwickeln und ihnen höherwertige Tätigkeiten anzubieten. Das wiederum ermöglicht es Unternehmen, auch besser auf den Fachkräftemangel zu reagieren. Auch hier ist Potenzial zu nachhaltigem Agieren und Wirtschaften zu heben.

Martin Grunau: Ich denke, wir haben einen Konsens dazu, dass wir als Unternehmen heute etwas beisteuern können. Unsere Kunden agieren teilweise weltweit, also können wir auch international einen Beitrag leisten. Denn der eigentliche Kern ist klar: Wir sind alle davon überzeugt, dass das Thema Nachhaltigkeit wichtig ist.

Wie können wir diese Überzeugung weiter geben?


Martin Grunau: Es ist eine Frage von Vertrauen. Und Vertrauen kann entstehen, wenn wir Unternehmen befähigen, verändertes Verhalten in einen ROI und andere relevanten Kennziffern zu übersetzen, Sprich, es wirklich messbar zu machen. Dann hätten wir den Funken einer Chance, das eine oder andere Verhaltensmuster der Kunden zu bewegen.

Horst Heckhorn: Ich würde jetzt einen Begriff bemühen: Grassroots Movement. Wenn wir glaubwürdig rüberbringen, dass wir überwiegend intrinsisch motivierte Mitarbeiter haben, die wirklich an dem Thema nachhaltige Digitalisierung arbeiten. Das wird bei unseren Kunden ankommen. Ich denke auch, dass es hoch attraktiv ist, diese Motivation offen zu zeigen im aktuell umkämpften Arbeitnehmermarkt. Nicht zuletzt werden wir damit auch auf unsere Ergebnisgrößen positiv einzahlen. Deswegen bin ich ein Fan davon, es wirklich zum Thema zu machen. Nicht nur, um einen entsprechenden Index zu bedienen, sondern um zu zeigen, dass wir es ernst meinen mit dem Thema. Und da gehört die private Dimension dazu, weil das die eigentliche Motivation ausmacht. Dies im beruflichen Handeln, ebenso wie privat zu tun, halte ich für eine valide Überzeugung.

Kommen wir zurück zur Technologie. Eine Studie von McKinsey besagt, dass Unternehmen ein enormes Potenzial in der Cloud realisieren können. Laut der Studie betreiben aber nur 15 bis 20 % der großen Unternehmen ihre Anwendungen in der Cloud. Wird Digitalisierungs- und Nachhaltigkeitspotenzial verschenkt, wenn man nicht in die Cloud geht?


André Vogt: Generell ist das Cloud-Modell der Zukunftsweg. Warum sind viele Unternehmen noch nicht da? Einer der Gründe ist, dass die oft zitierte Datenschutzproblematik immer noch ein großer Hemmschuh ist. Weitere Herausforderung oder Komplexität bringen Themen, wie Governance, mit sich. Also die Definition von Rechten, Zuständigkeiten und Pflichten in der Cloud. Ein wichtiger Faktor wird auch der AI Act sein: Damit wird das Haftungsthema eine neue Dimension bekommen, was wiederum eine wichtige Konstante in dieser ganzen Bewegung sein wird.

Wir sehen aber, dass beispielsweise auch die großen Versicherer – die ja besondere Auflagen in Bezug auf Datensicherheit etc. erfüllen müssen – sich schon seit Längerem auf die Verlagerung ihrer Prozesse in die Cloud vorbereiten. Das benötigt Zeit, weil ihre gewachsenen Infrastrukturen und Prozesse zunächst transformiert und vorbereitet werden müssen.

Jens Fetzer: Nicht jeder Prozess, den wir effizient gestalten können, wird zwangsläufig besser, nur weil man ihn in die Cloud bringt. Ich sehe bei allen Vorteilen und vermeintlichen Vorteilen der Cloud auch noch ein nicht unerhebliches Gefahrenpotenzial. Dinge einfach in die Cloud zu verlagern, verlagert die Verantwortung in Richtung IT Security.

Das Potenzial der Digitalisierung kann auch komplett ausgenutzt werden, wenn man nicht in die Cloud geht.

Die Cloud ist in erster Linie eine andere Infrastruktur. Eine effiziente und leistungsfähige – wenn sie strategisch sinnvoll genutzt wird. Und genau deswegen werden wir uns intensiver damit auseinandersetzen.

Martin Grunau: Es ist definitiv nicht die Cloud, die an sich belegt, ob man nachhaltig agiert oder nicht, ob man innovativ ist oder nicht.

Jetzt kommt die Cloud aber eventuell in Verbindung mit anderen Dingen: Technologie-Kombinationen, die entstehen werden. Und da gibt es gigantisches Potenzial. Nehmen wir beispielsweise die Cloud plus Künstliche Intelligenz, plus die Plattform von SAP, plus die 3DEXPERIENCE Plattform… Die Frage, die ich mir nur stelle ist, wie geht das einher mit einer nachhaltigen Digitalisierung? Auf der einen Seite können wir durch das Technologie-Potenzial Kosten reduzieren. Auf der anderen ist immer die Überlegung: Ist es wirklich nachhaltiger für die Gesamtbilanz? Ich glaube, es hat noch keiner eine gute Antwort dazu.

André Vogt: Es stimmt, dass hinter der Cloud ein großes Modell steckt, das unfassbar viel Strom braucht. Und je größer das Modell wird, desto mehr Rechenkapazität, desto mehr Strom braucht man. Im Hintergrund arbeitet die IT Industrie schon dagegen an – um genau diese Probleme zu lösen. Beispielsweise indem sie neue Chips entwickelt: Nvidia ist einer der größten Anbieter. Die IBM hat allerdings nachgezogen und kann die gleichen Chips produzieren, die aber nur 30 % des Energieverbrauchs haben.

Markus Schwarze: Es stecken oft weitere wirtschaftliche Punkte in der Cloud-Argumentation: Neben Einsparungen für Hardware und Rechenzentren-Kapazitäten, sind die Personalaufwände für Installation und den Betrieb der Cloud-basierten Lösungen geringer als bei herkömmlichen „On-Premises“-Systemen. Der Support-Aufwand für die End-Anwender bleibt jedoch gleich bzw. ist umso wichtiger, denn wie schon erwähnt, benötigt es ein erfahrenes Service Team bei eventuell auftretenden Störungen einzugreifen.

Horst Heckhorn: Schauen wir aus der Nachhaltigkeitsbrille darauf: Die meisten Unternehmen kämpfen mit Engpässen in der IT. Bringt man Prozesse in die Cloud, macht man technologische und personelle Ressourcen frei und kann mit diesen Digitalisierungsprojekte angehen, die am Ende nachhaltiger machen. So kann man das Wissen seines Teams einsetzen, um Prozesse wirklich nach vorne zu bringen.

Wenn man Prozesse tatsächlich effizienter macht und optimiert – ist der Weg in die Cloud der einzig richtige?


Martin Grunau: Die Antwort ist relativ einfach: Unsere Editor-Partner geben diesen Weg vor. Die Richtung ist somit ganz eindeutig: Ja

Horst Heckhorn: Da muss man präzisieren. Wir reden hier über die Public Cloud und nicht über Private-Cloud-Implementierungen. Der wesentliche Unterschied, wenn wir über die Public Cloud reden, ist die Simplifizierung von Abläufen und Prozessen. Und es geht nicht, ohne dass man ein Re-Engineering im Vorfeld macht: Oftmals treffen wir auf hoch gecustomizte Systeme bei den Kunden, die auf ihre Bedürfnisse individuell angepasst sind. Kommt man so in die Public Cloud, wird man feststellen, dass 80 % der Dinge anders sind. Macht man einen Haltungswechsel, dass man das Unternehmensmodell neu denkt, anpasst oder auf der grünen Wiese neu aufbaut und nimmt die technologischen Möglichkeiten der Public Cloud an, dann funktioniert dies sehr gut. Genau in diesem Transit werden sich ganz viele unserer Kunden in den nächsten Jahren befinden. Da wird es sicherlich Unternehmen geben, die den Wechsel aus unterschiedlichen Gründen nicht machen werden. Es wird zunehmend andere geben, die ihr Geschäft mit den Möglichkeiten der Public Cloud fortführen wollen.

Jens Fetzer: Es gilt für alle Parteien – uns und unsere Kunden – sich deutlich vor Augen zu führen: Wie viel Risiko, wie viel Nutzen generieren wir mit der Cloud? Und wie sieht die Total Cost of Ownership aus? Wir als CENIT müssen zudem definieren, welche Geschäftsmodelle und Technologien aus der Cloud für einen Kunden Sinn machen. Diese Betrachtung ist individuell zu führen.

Stichwort Künstliche Intelligenz. Ein aktuell heißes Thema, das Wirtschaft und Politik, die Medien und die Gesellschaft beschäftigt. Wie positioniert sich die CENIT zu diesem Themenkomplex? Wie ist Eure Antwort?


Martin Grunau: Das Thema KI wird bei der CENIT kommen. Aktuell sind wir stark darin im EIM-Umfeld. Liefern wir heute schon in allen Bereichen KI-basierte Digitalisierung? Nein, da haben wir noch einen Weg vor uns.

Um jedoch eine Konfusion auszuräumen: Einige Unternehmen erwarten bei bestimmten Prozessen den Einsatz von KI. Aber was sie eigentlich wollen, ist eine Art Automatisierung. Wir haben bei der CENIT ein starkes Angebot im Bereich Automatisierung. Das machen wir seit mehr als 30 Jahren. Aber natürlich werden wir uns des Themas KI stärker annehmen – genauso, wie unsere Editor-Partner IBM, Dassault Systèmes und SAP dies tun.

André Vogt: Ein Beispiel dafür, was die CENIT Gruppe schon tut: Im Bereich EIM investieren wir jedes Jahr mehrere Millionen in die Weiterentwicklung der Aktivitäten rund um unsere KI-Lösung Buildsimpel. Dazu gehören auch Themen wie Personalaufbau oder auch die Mitarbeit in KI-Gremien.

Jens Fetzer: In unserem Umfeld erkennen wir an einigen Punkten ein Paradoxon: Unsere Kunden sehen sich teilweise in einem Spagat zwischen zertifizierten, erprobten Prozessen, die immer exakt zu befolgen sind: Zum Beispiel im Flugzeugbau. Und Algorithmen, die es ermöglichen, innerhalb von Prozessen immer weitere Optimierungen und Anpassungen vorzunehmen. Wir als Bereich Digitale Fabrik fragen uns daher, wie sinnvolle Anwendungen aussehen könnten, welche Use Cases durch KI konkreten Mehrwert für unsere Kunden erhalten.

André Vogt: Die Frage, die sich viele Unternehmen stellen ist, wie man damit Geld verdient und wo man gleichzeitig Kundennutzen stiftet.

So richtet sich die KI-Strategie der IBM beispielsweise dahingehend, nicht die Riesenmodelle, sondern eher fokussierte Lösungen anzugehen, die man besser unter Kontrolle haben kann. Und auch weniger Gefahr läuft, dass irgendwann die Kosten exponentiell steigen.

Habt Ihr Bedenken, dass andere Unternehmen der CENIT bei Lösungen zuvorkommen, also KI-basierte Lösungen schneller und besser anbieten könnten?


Martin Grunau: So wie die Cloud radikal neue Businessmodelle hervorgebracht hat und Unternehmen, die davor nie existiert haben, wird das Gleiche mit KI passieren. Es gibt bereits heute Unternehmen, die Lösungen und Services anbieten, die zuvor wenig vorstellbar waren. Auch wir als CENIT werden damit konfrontiert werden: Möglicherweise werden wir Kunden haben, die zukünftig nicht mehr existieren oder sich eben ganz neu aufstellen müssen, da ganz neue, KI-starke Wettbewerber sie herausfordern. Und ich glaube, die CENIT wird in fast allen seinen Tätigkeitsfeldern wohl-dosiert den Einzug von KI-Technologien aktiv fördern. Sinnhaft eingesetzt ist KI eine Riesenchance.

André Vogt: Ein aktuelles Beispiel für die angesprochene Dynamik: Ich habe bereits sechs Releases von ähnlichen Plattformen wie unsere Lösung Buildsimpel gesehen – innerhalb von vier Wochen. Das ist also ein wahnsinnig dynamischer Markt. Es geht um Marktanteile, es geht um Geschwindigkeit. Time to Market ist alles. Und darum müssen wir da entsprechend investieren.

Jens Fetzer: Ich sehe es tatsächlich mit etwas Sorge, dass einige KI-basierte Lösungen schneller und besser am Markt sind als unsere. Wir sehen aber auch, dass viele Lösungen momentan noch sehr fokussiert sind auf ganz bestimmte Anwendungsfälle: Gerade im Bereich der Roboterautomatisierung gibt es Punktlösungen von innovativen Start-Ups, die sehr spannend sind. Andererseits erfüllen sie nicht den holistischen Anspruch, den wir mit FASTSUITE haben.

Klar ist: wir werden KI in den Lösungen da einsetzen, wo es Sinn macht und wo dies eindeutigen Nutzen für die Anwender bietet.

Unser Vorteil an der Stelle ist unsere etablierte Position: Wir sind mit unseren Lösungen in einem Bereich unterwegs, in dem Unternehmen für ihre Prozesse Investitionssicherheit und Stabilität erfordern. Wenn sie beispielsweise ihre Fertigungs- oder Engineering-Prozesse für die kommenden fünf bis zehn Jahre gestalten, suchen sie einen Partner, der für Lösungssicherheit steht und die langfristige Kundenbindung auch aufrechterhalten kann.

Das ist für mich auch ein Argument im Sinne von Nachhaltigkeit: Sicherheit für unsere Kunden als verlässlicher Partner.

Martin, Horst, Jens, Markus, André – vielen Dank für dieses Gespräch!

Kontaktperson

Swetlana Isaak

Swetlana Isaak

Communications Manager

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